FMEA - Failure Mode and Effect Analysis
Im Deutschen steht FMEA für „Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse" Methode für die Untersuchung möglicher Fehler und Risiken einer betrachteten Einheit sowie die Feststellung der zu erwartenden Folgen dieser Fehler für die anderen Elemente und die Funktion der betrachteten Einheit. Ziel ist es, durch geeignete Maßnahmen die potenziellen Risiken zu minimieren. Es wird unterschieden nach System-FMEA, Design-FMEA und Prozess-FMEA.
Mit der Durchführung befassen sich Arbeitsgruppen, in denen Fachleute aus den Bereichen Entwicklung, Fertigungsplanung, Qualitätswesen und Kundendienst mitwirken. Im Einzelnen werden alle möglichen Fehler eines Produkts aufgelistet und auf ihre Folgen für den Kunden beurteilt, die möglichen Fehlerursachen bestimmt und die vorgesehenen Produktspezifikationen bzw. Prozessüberwachungen in Hinblick auf die Erkennung und Vermeidung dieser Fehler bewertet sowie entsprechende konstruktive bzw. fertigungs- und prüftechnische Maßnahmen festgelegt und die Verantwortlichkeiten für deren Durchführung bestimmt.
• Eine Funktions-FMEA wird in frühen Entwicklungsphasen eingesetzt, um Funktionsanforderungen an ein System genau zu prüfen und um dadurch Fehler und Funktionsausfälle ermitteln zu können.
• Eine Bauteil-FMEA wird durchgeführt, wenn konkrete technische Angaben zu einem Bauteil oder einer Zeichnung zum entsprechenden Bauteil existieren.
• Eine Konstruktions-FMEA untersucht die pflichtenheftgerechte Gestaltung und Auslegung der Komponenten eines Systems zur Vermeidung von Fehlern. Jede mögliche Ausfallart eines Bauteils wird als Fehler betrachtet und dessen Auswirkung auf das System analysiert.
• Eine Prozess-FMEA untersucht die Prozessplanung und -ausführung, um Planungs- und Fertigungsfehler zu vermeiden. Sie soll sicherstellen, dass die Qualität eines Endprodukts den Kundenerwartungen entspricht.
Die analytische Vorgehensweise der FMEA stammt aus den USA und wurde dort in den 1960er-Jahren ursprünglich für die Anwendung im Bereich der Raumfahrt im Rahmen des Apollo-Programms entwickelt. Inzwischen hat sie sich in vielen Branchen als ein wirkungsvolles Werkzeug zur Erkennung von Fehlern und Fehlerauswirkungen durchgesetzt. Über die Automobilindustrie gelangte die FMEA etwa Ende der 1970er-Jahre nach Deutschland und wird seitdem auch hier erfolgreich angewendet.
Wie bereits erwähnt, ist die grundlegende Zielsetzung der FMEA in einer vorausschauenden Fehlervermeidung zu erblicken. Derartige Präventivmaßnahmen setzen immer am wirksamsten in den frühen Phasen des Produktentstehungsprozsses an, also im Rahmen von Entwicklung, Konstruktion und Planung. Dies betrifft insbesondere die Neuentwicklung von Produkten, Sicherheits- und Problemteile, neue Fertigungsverfahren sowie Produkt- oder Prozessänderungen. Dabei unterscheidet man nach dem Zeitpunkt der Anwendung und dem Objekt der Untersuchung zwischen der Konstruktions - FMEA für ein Produkt (Entwicklungs- und Konstruktionsphase) und der Prozess - FMEA für ein Herstellungsverfahren (Produktionsplanungsphase) . Hinzu kommt die System - FMEA, die sich zur Betrachtung übergeordneter Gesamtsysteme mit ihren Wechselwirkungen zwischen den jeweiligen Einzelsystemen entwickelt hat.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität einzelner Komponenten und ihres Zusammenwirkens in Systemen haben sich in den letzten Jahren insbesondere in der Automobilindustrie die Bezeichnungen System - FMEA Produkt und System-FMEA Prozess herausgebildet. Die Begriffe Konstruktions - FMEA und Prozess - FMEA bleiben jedoch weiterhin gebräuchlich und werden unten näher beschrieben.
In jedem Fall muss die FMEA vor Beginn der Serienfertigung abgeschlossen sein. Neben ihrer grundsätzlich präventiven, fehlervermeidenden Wirkung lassen sich die wesentlichen Aufgaben und Ziele einer FMEA dabei wie folgt zusammenfassen:
• Identifizierung kritischer Komponenten und potenzieller Schwachstellen.
• Frühzeitiges Erkennen und Lokalisieren von möglichen Fehlern.
• Abschätzung und Quantifizierung von Risiken.
• Anwendung und Weitergabe von Wissen und Erfahrungen.
• Verkürzung der Entwicklungszeit, Senkung der Entwicklungskosten sowie des Fehlleistungsaufwandes
• Vermeidung von Doppelarbeit und Verringerung von Änderungen nach Beginn der Serienfertigung.
• Beitrag zur Erfüllung unternehmenspolitischer Qualitätszielsetzungen.
Darüber hinaus eignet sich die FMEA auch als Führungsinstrument für die Entscheidungsebene. Durch das Einfordern wichtiger Schlüsselergebnisse der FMEA, wie z. B. der Risikoprioritätszahl (RPZ), kann die tatsächliche Durchführung der Untersuchung nachvollzogen werden. Außerdem ist dadurch die Abschätzung bzw. Quantifizierung von potenziellen Fehlern zur Risikobeurteilung der betrachteten Aufgabe möglich.
Zur methodischen Durchführung einer FMEA empfiehlt sich die Benutzung eines Formblattes. Dadurch werden die Ergebnisse in schriftlicher Form festgehalten sowie Systematik und Übersichtlichkeit sichergestellt. Ein solches Arbeits- und Denkschema kann grundsätzlich in vier Blöcke eingeteilt werden: Fehleranalyse, Risikobeurteilung, Lösungsmöglichkeiten bzw. Maßnahmenvorschläge und Ergebnisbeurteilung
Im Folgenden wird der allgemeine Ablauf einer FMEA stichwortartig beschrieben:
• Orientierungsdaten (Stammdaten)
Systemabgrenzung und -beschreibung, Teile und Merkmale bzw. Abläufe und einzelne Arbeitsfolgen.
• Fehleranalyse
Mögliche Fehler nach Art und Ort ‚ mögliche Folgen, mögliche Ursachen.
• Risikobeurteilung
Kontrollmaßnahmen, die zur Entdeckung potenzieller Fehler führen oder deren Auswirkungen verringern können. Punktbewertung jeder möglichen Fehlerursache nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens' der Bedeutung der Folgen eines Fehlers für den Betroffenen sowie der Wahrscheinlichkeit für die Entdeckung des Fehlers. Diese Bewertung soll jeden Fehler quantifizieren. Dazu wird die sogenannte Risikoprioritätszahl (RPZ) berechnen. Sie ergibt sich aus der Multiplikation der Punkte der drei genannten Bewertungen.
Üblicherweise nimmt man die Punktbewertung zur Risikobeurteilung auf einer Skala von 1 (kein Risiko) bis 10 (hohes Risiko) vor. Die Risikoprioritätszahl kann dann einen Wert zwischen 1 und 1.000 annehmen und stellt so eine Rangfolge für die Optimierung durch entsprechende Lösungsvorschläge dar. Die Fehlerursachen mit dem höchsten Zahlenwert sind vorrangig zu beseitigen. Auf diese Weise wird die Voraussetzung für eine gezielte und systematische Verbesserung von Konstruktion und Prozess geschaffen.
• Maßnahmenvorschläge zur Optimierung
Die Auftrittswahrscheinlichkeit von Fehlerursachen ist sowohl in der Konstruktion wie auch im Prozess zu minimieren. Lösungsvorschläge sollten auf Fehlervermeidung anstelle von Fehlerentdeckung abzielen. Die Risikoprioritätszahl dient hier gemäß dem Pareto-Prinzip als ein Hinweis auf die zu wählende Optimierungsreihenfolge. Dabei sind insbesondere auch die Einzelwerte der Risikobeurteilung zu betrachten. Hohe Werte für die Auftrittswahrscheinlichkeit weisen auf eine notwendige Konzeptverbesserung hin, selbst wenn die Entdeckungswahrscheinlichkeit hoch und die Bedeutung gering ist. Eine hohe Bedeutung der Folgen für den Kunden muss stets eine Konzeptionsänderung nach sich ziehen. Soll die Entdeckungswahrscheinlichkeit angehoben werden, ist eine gezielte Fehlersuche erforderlich. Eine hohe Entdeckungswahrscheinlichkeit hingegen erfordert die Minimierung der Auftrittswahrscheinlichkeit durch entsprechende Maßnahmen. Die Zuständigkeiten für diese Maßnahmen werden ebenfalls festgelegt.
• Entscheidung über die Maßnahmen
Von den vorgeschlagenen Maßnahmen werden die erfolgversprechendsten diskutiert, ausgewählt und anschließend durchgeführt.
• Restrisikobetrachtung
Nach der Durchführung von entsprechenden konstruktiven bzw. planerischen Maßnahmen wird wieder eine Risikobeurteilung vorgenommen 3. Es werden erneut Risikoprioritätszahlen berechnet die zur Entscheidung über die Freigabe der Konstruktion bzw. der Betriebsmittelbeschaffung dienen.
• Ergebnisbeurteilung
Im Rahmen der abschließenden Ergebnisbeurteilung wird ein Vergleich der beiden Risikoprioritätszahlen (vorheriger Zustand und verbesserter Zustand j durchgeführt. Dabei wird auch das Verhältnis zwischen erzielbarer Verbesserung und einzusetzendem Aufwand berücksichtigt.
Ausgefüllte FMEA-Formblätter können zur Dokumentation verwendet werden, um jederzeit auf Ergebnisse bereits durchgeführter Untersuchungen zurückgreifen und Erfahrungswissen im Unternehmen weitergeben zu können. Der Verbesserungsprozess darf dadurch jedoch nicht zum Erliegen kommen.